Geschichten

Fürchtet euch nicht

Eine Pandemie verliert langsam an Bedrohung und gibt den Raum frei für andere Krisen: Krieg in unmittelbarer Nähe, Flüchtende, Energieknappheit, Teuerungen, Populisten im Vormarsch und über und unter allem die Klimakrise mit ihren mittlerweile mehr als sichtbaren Folgen.

Düstere Begleitmusik dazu spielt eine recht einseitige, weil gewinnorientierte Berichterstattung unter der Maxime „Only bad news are good news“. Schlechte Nachrichten verkaufen sich eben besser als gute. Zusätzlich zu realen Bedrohungen werden mit medialen Schwerpunkten – wie z.B. der Fernsehserie „Blackout“ (ORF) und Artikeln wie „Blackout: Nach 30 Minuten geht dem Mobilfunk der Saft aus“ (derStandard) – aber auch potentielle Horrorszenarien geschaffen. Die Algorithmen der Social Media Plattformen wirken dabei wie ein Katalysator. Vereinfacht gesagt bekommen hier die lautesten und schrillsten – also schlechte, unglaubliche und sensationsheischende – Nachrichten den meisten Raum, werden am häufigsten geteilt und vervielfachen sich selbst. Mit ihrem Konsum steigen unsere Sorgen und Ängste. Es gibt übrigens sehr gute Gründe Social Media gar nicht zu nutzen aber das ist eine andere Geschichte …

Klingt alles ein wenig spooky? Ist es auch.
Kein Wunder, dass sich viele Menschen nur noch um ihr eigenes Fortkommen sorgen, sich zurückziehen und von ihrer Empathie verabschieden oder sich dem „starken Mann“ mit den scheinbar einfachen Lösungen zuwenden. Aber wie kann man diesen Herausforderungen furchtloser, vielleicht sogar zuversichtlicher und mutiger begegnen? Manche meiner Freunde sagen, ich schaue da nicht mehr hin. Aber kann das die Lösung sein in Anbetracht durchaus realer Krisen?

Wenn ich ans Fürchten denke, fällt mir häufig die Angst vor meiner ersten Visionssuche ein. Mann, das war existenziell. Ich hatte Angst meine Komfortzone zu verlassen und ich hatte Angst vor den verborgenen, bedrohlichen Seiten in mir. Meine größte Angst aber war zu sterben.

Umbrüche verlangen nach Adaption. Ich befand mich in einer Krise und musste mich verändern. Nicht zuletzt deshalb, weil ich die Welt um mich nicht verändern konnte. Das bedeutet aber, dass Altes sterben musste, dass ich nicht mehr taugliche Anteile – die mich sehr belasteten, die ich aber auch lieb gewonnen und an die ich mich gewöhnt hatte – gehen lassen musste. Was würde dann noch von mir übrig bleiben?

In einer Visionssuche werden wir durch den erprobten und mächtigen Rahmen des Rituals, durch die Gemeinschaft der teilnehmenden Gruppe und unterstützende Begleitung durch diesen Prozess geführt. Wir können über die Notwendigkeit von Veränderung lernen und erfahren, dass sie nicht den Untergang bedeutet. Dass Sterben ein Teil des Lebens ist und die Voraussetzung dafür mehr und mehr die zu werden die wir sind, unabhängig von Zweifeln, Stürmen und Ungeheuerlichkeiten im Außen.

Max Frisch hat recht, wenn er sagt „Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihr nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen“. Indem wir Veränderungen bewusst, anerkennend und bestätigend durchleben erreichen wir das, werden weniger ängstlich und bleiben handlungsfähig. Deshalb brauchen wir mehr „Visionssuchen“ in unserem Alltag, gerade in Zeiten wie diesen. Lasst uns das Sterben und neu Erfinden üben. Das sollte uns krisenfester machen.

PS: Wohltuendes für alle die auch weiterhin gerne Nachrichten lesen möchten: goodnews.eu und positive.news.

Foto © Wolfgang Loibl

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