Trance- und Divinationsreisen*
Die Trommel beginnt: ein schneller, gleichmäßiger Rhythmus führt uns hinein ins Reich der Trance. Später wird der Trommler sagen, dass ab einem gewissen Punkt die Trommel und der Schlägel sich verselbständigt haben – es trommelt. Der Duft einer speziellen Räucherung hüllt uns ein. Während der Körper, durch Qi Gong und Tanz gut geerdet ruht, fliegt der Geist in ungeahnte Gefilde.
Bilder tauchen auf, real und unwirklich zugleich. Ein Wesen erscheint, flüstert mir seinen Namen, dessen Bedeutung – wie ich später herausfinde – in faszinierendem Zusammenhang mit meiner Frage steht. Auch seine Botschaften – wortlos oder in einer Sprache die ich nicht kenne und doch verstehe – sind klar. Tiefer und tiefer sinke ich hinein in diese andere Welt. Die Reisegeschwindigkeit ist enorm und gleichzeitig breitet sich Ruhe in mir aus. Ganz selbstverständlich kann ich mich in allen Elementen fortbewegen. Ich bin da und gleichzeitig ganz woanders. Werde getragen durch eine Abfolge von Ereignissen, die ihrer eigenen Logik folgen.
Unser manchmal so beschränkter Alltagsgeist scheint eine unbändige Sehnsucht nach Logik, Sinn, Verstehenwollen, Ursache und Wirkung zu haben. All diese Kategorien sind in diesem Zustand außer Kraft gesetzt, vorausgesetzt ich lasse mich wirklich darauf ein. Bei meiner ersten Reise war ich nervös, fast ängstlich, angesichts dessen, die Kontrolle aufzugeben und werweißwas aufzuführen. Ja, der Körper macht dann und wann kleine Bewegungen, es gibt Impulse zu tönen … aber noch nie habe ich in unserem Kreis jemand völlig entäußert erlebt.
Als die Trommel langsamer schlägt und schließlich der letzte Ton verklingt: das behutsame wieder hier im Raum und ganz im Körper ankommen. Stille.
Stifte und Papier liegen bereit, um das Erlebte in Worte oder Bilder zu fassen. Danach, beim Erzählen und Gehörtwerden wird die Geschichte nochmal anders wahr, wird in ihrer Einzigartigkeit gewürdigt. Mal sind die Geschichten „erleuchtend“, heilsam, erkenntnisreich, tiefgründig, erheiternd, verrückt, mal passiert fast nichts und dann wieder tun sich phantastische Welten auf. Und immer ist es gut wie es ist. Alles darf sein. Jenseits von Bewertung und Interpretation wird jede Geschichte zu einem Geschenk für alle.
* Divination bedeutet wortwörtlich „ Erlangen von Wissen aus der göttlichen Welt“, auch „innere Welt“, „geistige Welt“. Ralph Metzner, „Alchemistische Divination“
Collage © Karina Maringer
