Geschichten

Kein gewöhnlicher Frühling

Diesen Beitrag kannst du auch im Original auf englisch lesen.


„You want it darker? We kill the flame.“ Leonard Cohens raue Stimme klang mir in den letzten Wochen in den Ohren. Vielleicht jammen er und Steven (Mitbegründer von Lost Borders) gemeinsam irgendwo auf der anderen Seite. Das würde mich nicht wundern.

Das Dunkle des Dunklen. Wir stecken mittendrin, hier in den USA und an zu vielen Orten auf der Welt. Und obwohl wir es alle kommen sahen, bereitet uns nichts darauf vor, – wie bei allen herzzerreißenden Nachrichten – wie es sich anfühlt, wenn es tatsächlich passiert.

Hast du schon einmal auf einen CT-Scan gewartet, obwohl du bereits wusstest, dass die Ergebnisse dich niederschmettern werden, aber gegen alle Wahrscheinlichkeit gehofft, dass du dich irrst? Und dann trifft es dich. Und es ist schlimm. Es ist tatsächlich schlimmer, als du dachtest. Der Boden bricht weg. Und unwiderruflich betrittst du eine neue Realität.

Die Pflaster sind ab

Da sind wir. Die Pflaster sind abgefallen. Die Krankheit, die lange systematisch war, hat nun Metastasen gebildet. Und ja, wir sind in eine neue und beängstigende Realität eingetreten.

Diese Fieberträume von Herrschaft, verfolgt vom Trauma einer Vergangenheit, die eine Zukunft verhindert, sind tief und tragisch mit der Ausbeutung der Gegenwart verbunden. Immer brutaler bauen sie schwindende Ressourcen ab, machen Bevölkerungen zu Schachfiguren und tauschen Menschenrechte gegen Kapitalgewinne.

Bis wir bereit sind umzukehren, uns fallen zu lassen und uns dem Meer ungeweinter Tränen und dem unendlichen Reservoir des Herzens, das darunter schlägt und immer wieder auf Befreiung wartet, zu ergeben. Wir werden es schaffen. „Gib mir Zeit“, sagt das Leben.

Tödlich

Wenn wir das Sterben aus unserem Leben verbannen, säen wir mit jedem Schritt den Tod. Wenn wir nicht hinein sterben können in unsere von Angst genährte Gier, wenn wir nicht über die Kindheitsträume der eigenen Macht hinauswachsen, werden unsere Leben zu tödlichen Waffen und unser Erbe zu Landminen, zurückgelassen für unschuldige zukünftige Generationen, lange nachdem es uns nicht mehr gibt.

Da sind wir. Im Dunkel des Dunklen. Jetzt gerade. Atme.

Ich kann nicht atmen. Ich bin müde. Es tut weh. 5000 Jahre Patriarchat. Vorherrschaft, Frauenfeindlichkeit, Völkermord. Kolonialismus, Faschismus, Sexismus, Behindertenfeindlichkeit. Meine Seele ist müde. Alle meine früheren Inkarnationen sind müde. Es scheint, als kämen wir immer und immer wieder an diesen Punkt. Ohne je etwas zu lernen.

Tiefenzeit (Die Vorgeschichte unserer Erde)

„Erinnere dich an die Tiefenzeit“, flüstert die Schöpfung. Tiefenzeit. Ja, im Grunde strebt alles in der Natur nach Heilung, immer und auf jede erdenkliche Weise. Ohne Ausnahme. Das heißt nicht, dass wir keine schweren Verluste erleiden. Es heißt nicht, dass wir als Spezies nicht zurückfallen, verzweifeln, uns abspalten, stecken bleiben und scheinbar endlose, Feedbackschleifen wiederholen. Das tun wir. Aber unsere Geschichte endet nicht hier. Sie wiederholt lediglich ein Muster, bis sie die evolutionäre Kraft entwickelt hat, etwas Neues zu tun, die Form zu brechen und sich einer neuen Ebene der Ganzheit zu nähern. Daran muss ich an Tagen wie diese denken.

Es waren ein paar tausend lange Jahre, in denen wir durch das Schwert lebten und starben. Hyper-Männlichkeit hat den Planeten mit T-Rex-Energie beherrscht und Leben genommen, kolonisiert und verschlungen, um persönliche Macht zu erlangen. Als (rebellisches) Kind eines Imperiums habe ich mein halbes Leben damit verbracht, die Ursachen zu ergründen und herauszufinden, wie wir hierher gekommen sind. Klügere Leute als ich verweisen auf Landwirtschaft, Domestizierung, Bevölkerungswachstum, die Konstrukte von weißer Überlegenheit.

Keine einzelne Theorie kann das Mysterium dieser Zeit erklären. Doch was in der Vielschichtigkeit unserer jüngsten patriarchalischen Geschichte auffällt, ist, dass diese Art von Energie, wenn sie nicht durch die Notwendigkeit, dem Gemeinwohl zu dienen und es zu schützen, gemildert wird, zu Krieg und Blutvergießen und der Art von Totalitarismus führt, die wir derzeit in den USA und so vielen Regierungen weltweit erleben. Ob in uns selbst oder in der Welt, diese Macht in Reinkultur wird plündern und verbrennen.

Übergangsriten

Darum ging es bei Übergangsriten. Eine Herausforderung, größer als wir selbst, zu bieten, uns demütig zu machen, uns reifen zu lassen, uns mit dem Tod vertraut zu machen, uns zu öffnen und uns zu Erwachsenen, die nicht nur aus Stärke, sondern auch aus tiefem, herzlichem Mitgefühl führen können, heranreifen zu lassen.

Übergangsriten sollen die Hülle unserer Kindheit aufbrechen. Sie helfen uns, die rohe Lebenskraft, mit der wir geboren werden, zu lenken und zu nutzen. Diese Kraft für alle in den Dienst zu stellen, die nach uns kommen, ist die Aufgabe des erwachsenen, initiierten Menschen. Ohne Initiation, ohne diese Mäßigung, ohne den Blick auf unseren eigenen Tod und der Erkenntnis der Unzulänglichkeit unserer egoistischen Träume und des jugendlichen Größenwahns, sei es durch Rituale oder durch Lebensereignisse, können wir nicht reifen und verfallen allzu leicht der Versuchung, unsere erwachsene Handlungsfähigkeit und Macht nur dazu zu missbrauchen, persönliche Ziele zu verfolgen, Vermögen anzuhäufen und andere zu dominieren – ganz wie Kleinkinder, die ihren eigenen Willen und ihr eigenes Handlungsvermögen ausüben. Dieses Verhalten, so wichtig es für die Entwicklung Zweijähriger ist, ist im Körper eines Erwachsenen tödlich, sowohl für das Dorf als auch für das Ökosystem und es ist der Motor der hyper-männlichen, ausbeuterischen, kapitalistischen Kolonialisierung.

Im Verlauf unserer menschlichen Entwicklung ist es unser Reptiliengehirn, das für unser Überleben verantwortlich ist. Das mitfühlende Herz erwacht erst später, wenn wir die dunkle Nacht der Seele durchwandern und den Weg finden, den wir alle beschreiten müssen, um ein vollwertiges Mitglied der Menschheitsfamilie zu werden.

Wegfindung

Und hier liegt der Knackpunkt. In der jüngeren „modernen“ Geschichte haben wir diese wichtige Zeit der Wegfindung ausgelassen und damit die Chance, uns mit unserer Seele und unserem Lied zu verbinden. Ihr wisst es alle. Wir sind gefordert, den Sprung von der Kindheit ins Erwachsenenalter zu vollziehen, von der Schule zur Universität, zu Arbeit und Elternschaft, vom Konsum zur Erzeugung. Und ohne Initiation, ohne diesen Abgleich unseres urtümlichen Krafttriebs, ohne die Chance, innerlich zu reifen, daniederzuliegen und mit den zentralen und heiklen Fragen zu ringen: „Wer bin ich?“, „Was ist meine Bestimmung?“, „Wo ist mein Platz im Dienst an der Welt?“, ohne die Schwelle zu überschreiten, ohne uns unserem eigenen Tod und unserer Vergänglichkeit zu stellen, landen wir in einem vorgefertigten Erwachsenendasein. Wir mögen wie Erwachsene aussehen, aber wir hatten keine Chance gehabt, sie zu werden.

Aus der Perspektive der Vier Schilde bleiben wir als Uninitiierte stecken in dem, was wir das Südschild nennen, und sind den Launen unserer instinktiven Natur ausgeliefert, die weder gut noch schlecht ist, die ebenso unschuldig wie gierig und ebenso instabil wie rein ist, die viele schöne Dinge zu bieten hat, aber nicht dazu geeignet ist, das Steuer zu übernehmen.

Der Südschild

In einem regulierten Südschild vertraue ich darauf, dass meine Bedürfnisse gestillt werden. Ich vertraue darauf, geliebt zu werden, dazuzugehören, genug zu haben und sicher zu sein. In einem unregulierten (traumatisierten) Südschild befinde ich mich im Kampf-, Flucht- oder Erstarrungsmodus. Meine Überlebensreflexe beherrschen mein Denken und Fühlen und verdrängen alles andere. Kein noch so großes „Genug“ kann mich beruhigen. Ich vertraue niemandem und habe Angst.

Unsere instinktive Natur ist, wie alle anderen Teile von uns, natürlich nicht statisch, sondern in ständiger Bewegung. Sie dehnt sich aus und zieht sich zusammen, sie verschiebt und verändert sich von Moment zu Moment, von Erfahrung zu Erfahrung. Wir sind von Natur aus widerstandsfähig und dafür geschaffen, die schwierigeren Momente des Lebens zu überstehen. Aber ein schweres Trauma kann unseren Südschild aus dem Gleichgewicht bringen und schwer schädigen.

Beachte, dass ich das Wort Trauma hier im weitesten Kontext verwende, um eine Erfahrung zu beschreiben, bei der unsere Sicherheit oder unser grundlegendes Selbstgefühl bedroht ist – ein Bruch, der größer ist, als wir im Moment seines Auftretens verkraften können. Unter solchem Druck setzt der Überlebensmodus ein, um genau das zu tun, was das Wort verspricht: uns am Leben zu halten, bis die Gefahr vorüber ist und wir die Erfahrung integrieren und verarbeiten können. Der Überlebensmodus ist eine geniale lebensrettende, kurzfristige Reaktion und Strategie, aber er ist nicht und war auch nie dazu gedacht, eine Art zu leben.

Um zu heilen, müssen wir unsere Qual verarbeiten und integrieren, und ja, das ist, genau wie die Initiationsarbeit unserer Pubertät, Seelenarbeit (eine West-Schild-Angelegenheit, wenn du wie ich ein Vier-Schilde-Nerd bist). Aber wenn diese Türe geschlossen ist, wenn wir nicht einmal wissen, dass sie existiert, wenn es keinen Zugang zu inneren Prozessen gibt, keine Unterstützung für Verarbeitung und Sinngebung, keine Gemeinschaft und keinen Rahmen, um die Erfahrung zu tragen – vielleicht nicht einmal ein Verständnis dafür, dass eine Verletzung stattgefunden hat –, sind wir mit endloser, verzweifelter Rohheit in der Heftigkeit unserer Gefühle gefangen, die keine Möglichkeit hat, sich zu bewegen oder zu heilen. Gefangen im Unerträglichen werden wir uns und/oder anderen unweigerlich Schaden zufügen.

Rezept für Katastrophen – und Diktatoren

Gewalt, Verletzung, Ausschluss. Krankheit, Rassismus, Sexismus, Kindesvernachlässigung. Hungersnot, Krieg, Klimawandel. Wir leben in einer traumatisierten und Trauma produzierenden Kultur. Die meisten von uns tragen tiefe Wunden in ihren Körpern und Stammbäumen. Der Bogen patriarchaler Ausbeutung, die Auslöschung erdverbundener Kulturen, Kolonialherrschaft und Völkermord an indigenen Völkern, ausbeuterischer Kapitalismus, Frauenfeindlichkeit und weiße Vorherrschaft – all diese Blaupausen der Herrschaft, die tiefe Spuren in unserer menschlichen Psyche hinterlassen haben, sind eng mit Traumata verwoben.

Das ist übrigens KEINE Entschuldigung, sondern lediglich ein Versuch zu verstehen, wie wir hier gelandet sind. Im Laufe der Zeit könnte der Wunsch zu dominieren eine evolutionäre Verengung auf dem Weg zu einer umfassenderen Form reifer Menschlichkeit sein. Eine reflexartige Überlebensreaktion, die auf Angst, Gier und das Bedürfnis nach Egoismus zurückgeht, auf Nicht-genug-Haben, auf eine Haltung von „Mehr für mich und weniger für dich“, auf ein dissoziatives Hamsterrad fortwährenden Schadens, das den persönlichen Machtdrang aufbläst, eine Welt zu beherrschen, zu der man sich nicht mehr zugehörig fühlt.

Fügt man der Mischung ein paar Zutaten hinzu, ein gewisses Maß an Einfluss oder Handlungsfähigkeit, gesellschaftliche Stellung, rassische und geschlechtliche Ansprüche, eine Tendenz zur Selbsterhöhung statt zu Selbstvorwürfen, entsteht ein tödlicher Diktator-Cocktail.

Dominanz ist eine außer Kontrolle geratene Überlebensreaktion. „Drill, baby, drill“. Gespeist durch Traumen, aufrechterhalten durch Gewalt und gutgeheißen durch patrilineare Systeme der Unterdrückung, ist sie so tief in unserer Kultur verwurzelt, dass wir außerhalb der Reichweite traditioneller Therapien, Theorien und Grundsätzen zu sein scheinen. Werden diese Fieberträume von Überlegenheit unser kollektives Nervensystem für immer überwältigen? Haben sie das schon?

Wie wir jetzt sichtbar werden

Für diejenigen von uns, die die Schwelle überschritten haben und das Privileg hatten, initiiert zu werden, ist die Frage, was es bedeutet, ein initiiertes Leben zu führen, eine Frage, die wir überallhin mitnehmen müssen, wohin wir auch gehen und in welche Umstände wir auch geraten. Und es ist eine Frage, die uns auffordert, jetzt zu handeln.

Was es in diesem historischen Moment bedeutet, ein initiiertes Leben zu führen, wird für jeden von uns sehr unterschiedlich sein. Aber eines wissen wir: Es kann nicht mehr nur ums Überleben gehen. Es muss um Integrität gehen. Es muss um Ganzheit gehen.

Anders als Angst, die den Hauptantrieb des Überlebenskampfes darstellt, wird Integrität von Liebe getrieben, von dem Wissen um und der Verbindung mit einer Glückseligkeit, die bereits da ist, die unser Geburtsrecht ist und zugleich unsere Verantwortung, im Gegenzug zu pflegen und zu nähren. (Ja, das ist es, was wir vom Berg mitbringen.)

Integrität ist dort, wo unsere Bedürfnisse auf die Bedürfnisse der Welt treffen, wo das „Ich“ auf das „Wir“ trifft, wo wir in der Verbundenheit und Wechselbeziehung des Lebens verwurzelt sind. Dort leben Kooperation, Gemeinschaft und Zusammenarbeit. Hier kümmern wir uns. Hier heilen wir. Wenn wir das Geflecht des Ganzen und unsere eigene Einbettung darin spüren, können wir nicht anders, als uns um das Wohlergehen all unserer Verwandten zu sorgen. An diesem Ort sorgen wir uns weniger darum, wie viel wir bekommen, sondern mehr darum, wie viel wir geben können. Kuan Yin, die Göttin mit den tausend Armen, lebt hier, unter den vielen Heiligen und Bodhisattvas aller Zeiten – weil zwei Arme einfach nicht ausreichen, um das Leid der Welt zu lindern.

Das Herz des Nordens

Ja, dies ist der Ort, an dem Selbst und Andere eins sind – das Herz des Nordens. Wo wir in das unendliche Reservoir des Herzens eintauchen, das in der Tiefe schlägt, uns alle verbindet und für Befreiung schlägt.

In Liebe und Ganzheit in dieser Zeit zu leben, erscheint absurd und unmöglich. Und gleichzeitig fühlt es sich wie der einzige Weg an, der Gegenwart zu begegnen. In diesem Klima im Herzen verwurzelt zu bleiben, das Wohlbefinden zu pflegen, das an der Quelle lebt, diesen Atemzug der Ganzheit zu schenken und dann noch einen weiteren, ist keine Kleinigkeit. Es ist ein aktiver Akt des Widerstands.

Ganzheit kann millionenfach unterschiedlich aussehen. Wenn es deines ist, an vorderster Front zu stehen und Verletzlichere zu beschützen, danke! Wenn es Zeit ist, in dich zu gehen und dir tiefe Ruhe und Entspannung zu gönnen, danke. Wenn du dem hell erleuchteten Bildschirm und den wachsamen Augen seiner Algorithmen entfliehen kannst, um dich mit dem Land zu verbinden und deine mehr als menschlichen Verwandten zu besuchen, danke!

Sich durch Beten und Singen verbinden, raus in die Natur gehen, sich organisieren, Kunst machen, unsere Kinder umarmen, unsere Nachbarn unterstützen, Senatoren anrufen, Saatgut aufbewahren – es gibt unendlich viele Möglichkeiten, sich mit unserem ganzen Selbst zu zeigen, und wir brauchen sie alle.

Aber wir müssen uns zeigen. Um stark und verbunden zu bleiben, wenn uns die Menschenrechte in atemberaubendem Tempo genommen werden und unsere Überlebensreaktionen durch zunehmende Marginalisierung ausgelöst werden. Zu hören, was wir tun müssen und wo wir in dieser Zeit zum Dienst gerufen sind, ist entscheidend. Für unsere eigene geistige Gesundheit, für unsere eingewanderten Nachbarn, für unsere nicht-binären Kinder, für grundlegende Menschenrechte und Mehr-als-Menschenrechte, für die lebendige Erde und jeden unserer wunderschönen, einzigartigen, vielfältigen und wertvollen Verwandten.

Am Grat unseres Lebens

Nicht, dass es einfach wäre. Ein Leben in Integrität wird wahrscheinlich immer gefährlicher, da uns das Binäre immer näher rückt und neue Versionen faschistischer Narrative die Messlatte für moralische Ethik senken und eine neue nationale Kultur etablieren, die Gewalt gutheißt, um eine autoritäre Regierung mit einer zentralen Diktatur zu rechtfertigen.

Wir steuern möglicherweise auf eine Zeit zu, in der Überleben mit Anstand nicht mehr vereinbar ist. Was dann? Als Mensch deutscher Abstammung ist dies eine ergreifende und gezielte Frage. Ich bete inständig darum, dass die Integrität meines Herzens niemals verloren geht. Und mit schmerzlicher Zustimmung in Bezug auf die Komplexität, mit der meine Vorfahren im Nazi-Deutschland konfrontiert waren, bin ich mir auch bewusst, dass dies leichter gesagt als getan ist.

Wie wir unter zunehmendem Druck und potenzieller Bedrohung stark bleiben und für das Leben einstehen können, muss jetzt Teil unserer gemeinsamen Frage sein. Für mich ist die Erinnerung daran, dass ich von höherem Wohlwollen getragen werde, von etwas, dem ich mich weiterhin zuwenden und zu dem ich heimkehren kann, eine wesentliche Übung, um im Herzen stark zu bleiben. Ich muss dieses Wissen täglich pflegen, und höchstwahrscheinlich für den Rest meines Lebens. Mich daran erinnern, dass Heilung mein erster Vorfahre ist, nicht Überleben. Dass mein persönliches Trauma und das Trauma, das diese Zeit prägt, nicht primär, sondern sekundär sind gegenüber der Ganzheit, aus der und für die wir geboren sind.

Als die Systeme, in denen wir aufwuchsen, lebensschädigend waren, als unsere Füße – und die Füße von Generationen unserer Vorfahren – in kriegszerstörtem Boden und unsicheren Häusern wurzelten, ist das keine leichte Aufgabe. Ob Teil der Verletzung oder deren Ziel, Traumata haben sich für viele von uns, viele Generationen lang, wie das Endergebnis angefühlt. Wir sind vielleicht aufgewachsen, ohne jemals das Wohlbefinden, das im Uhrsprung wohnt, vermittelt zu bekommen. Wir wissen vielleicht nicht, was es bedeutet, sich sicher zu fühlen. Wir wissen vielleicht nicht, was es bedeutet, sich geliebt zu fühlen. Wir haben vielleicht nie die Güte erfahren, aus der wir geboren wurden. Wenn wir unser Geburtsrecht verlieren, sind wir äußerst anfällig für die Prägung durch Aufruhr und das Paradigma des Überlebens.

Ganzheit und Heilung als unsere ersten Vorfahren

Und doch. Heilung und Ganzheit sind von grundlegender Bedeutung. Als unsere ersten Vorfahren leben sie im Zentrum unseres Seins und haben viel längere Wurzeln als das Überleben ihrer jüngeren Geschwister.

Viele von uns greifen zum ersten Mal auf die Mutter-Wurzel dieses Wohlbefindens an der Quelle zurück, wenn wir uns allein in die Natur wagen. Das ist der Kern unserer Arbeit: einen Raum zu schaffen, in dem der Lärm unseres Lebens lange genug nachlassen kann, damit wir die uralte Notwendigkeit unserer Zugehörigkeit hören können, die uns zurück in ihre Knochen singt.

Denn egal, wie getrennt wir uns fühlen mögen, Heilung und Ganzheit begleiten uns seit Anbeginn der Zeit, sie bewegen und verändern sich durch jede Geburt und jeden Tod und jede neue Anpassung. Und sie werden immer bei uns sein. Wir können ihnen vertrauen. Nicht unserer Vorstellung von ihnen, nicht einem bestimmten Ergebnis, einschließlich unseres eigenen Überlebens, sondern der Heilung und Ganzheit selbst. Wo und wann wir das tun, entsteht Resillienz. Wo und wann wir das tun, erklingt Freiheit.

Kein gewöhnlicher Frühling

Nachdem ich gerade das Winterfasten hinter mir habe, bin ich erneut beeindruckt vom Mut dieser Menschen, die von der Schwelle zurückkehren, um ihren rechtmäßigen Platz in diesem Leben einzunehmen und die volle Last dessen auf sich zu nehmen, was eine Teilnehmerin für sich selbst als „Leben inmitten des bevorstehenden Zusammenbruchs“ bezeichnete.

Während die ersten Lebenszeichen um uns herum wieder auftauchen und der Spätwinter sich dem Frühling entgegensehnt, mögen wir dem Drang widerstehen, zurückzuschrecken, uns stärken, unsere Herzen wappnen, um diese Zeiten zu überstehen. Mögen wir stattdessen, gemeinsam mit dem Rest der Schöpfung, uns erneut und von neuem wagen, um das Leben auf jede erdenkliche Weise wachsen zu lassen und zu nähren.

Dies ist kein gewöhnlicher Frühling. Kümmere dich um deine Trauer und Verzweiflung, wenn sie kommt, aber hör dort nicht auf. Nähre weiterhin das Herz da unten, das große Herz, mit dem alle Wesen verbunden sind, den großen Puls der Schöpfung, der dein und mein Herz schlagen lässt, dieses Mysterium, das immer wieder neue Herzen und Sinn gebiert, um diese Schöpfungsgeschichte weiterzuleben. Nähre sie. Gieße sie. Singe ihr vor.

Kommt zusammen. Gemeinschaft IST Widerstand. Liebt euch. Sät Schönheit. Entfacht Mut. Kultiviert Freude. Verbindet euch. Arbeitet zusammen. Stimmt euch ab.

Was wir aus unserem Leben machen, wird uns durch alle Zyklen von Leben und Sterben hindurch begleiten. Als Initiierte dieser Zeit ist es von großer Bedeutung, dass unser Handeln im Einklang steht mit der Wahrheit im Zentrum unseres Seins und Schönheit, Frieden, Befreiung, kollektives Erwachen, Fürsorge – was auch immer es für dich sein mag – fördert. Dass unser Leben einen Abdruck der Schönheit hinterlässt, eine Spur aus Brotsamen für diejenigen, die nach uns kommen, um im fruchtbaren Boden einer Zukunft zu sprießen, egal wie weit sie entfernt ist. Denn das Leben wird weiter gebären. Und wie wir diesen und den nächsten Atemzug nutzen, wird alles prägen, was noch kommen wird.

Sonne, Illustration von Lotan Saphir

Petra Lentz-Snow begleitet seit über dreissig Jahren Rites of Passage, sie war Direktorin der School of Lost Borders und Netkeeper des Wilderness Guides Council. Sie lebt und arbeitet in Kalifornien und schreibt den Blog „Cancer as a Rite of Passage“.


Foto: © School of Lost Borders, Illustration: © Lotan Saphir

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